„Auswirkungen und Konsequenzen der geplanten Flughafenentwicklung auf Mensch und Natur“

Wort des Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirks Freising 

1. Grundlage Die Dekanatssynode des Evangelisch – Lutherischen Dekanatsbezirks Freising vertritt rund 38.000 evangelische Christinnen und Christen in den Landkreisen Freising und Erding, dem nördlichen Landkreis Ebersberg und einem kleinen Bereich des Landkreises Pfaffenhofen.

Nach evangelischem Verständnis leben wir als Kirche in der Welt. Wir haben
Verantwortung für Mensch und Natur in der Region.

Darum beziehen wir nach einem intensiven Meinungsbildungsprozess in den Gremien des Dekanatsbezirks auf der Grundlage der Heiligen Schrift Stellung zu der geplanten Flughafenentwicklung.

Wir akzeptieren den Flughafen als Tatsache. Wir sehen seine Bedeutung für den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft des Umlandes.

Unser diakonischen Auftrag verpflichtet uns, dort aktiv zu werden, wo Menschen unsere Hilfe brauchen.
Deshalb nehmen wir auch unsere Verantwortung für die Menschen am Flughafen wahr. Wir sind als kirchlicher Dienst am Flughafen zusammen mit der röm.-kath. Kirche Ansprechpartner für Beschäftige, Flüchtlinge und Reisende.
In unseren Kirchengemeinden werden wir täglich mit den Sorgen und Nöten konfrontiert, die der Flughafen mit sich bringt.
Als Kirche am „Tor zur Welt“ müssen wir auch auf die Nöte der sog. „Dritten Welt“ aufmerksam machen und gegen jede Art von Fremdenfeindlichkeit angehen.
Auch deshalb sind wir aufgefordert, uns zum Flughafen zu äußern.

Die Bewahrung der Schöpfung ist eine wichtige Aufgabe christlichen Lebens. Die Kirche muss sich für eine lebenswerte Umwelt nicht nur für die jetzige, sondern auch für die kommender Generationen einsetzen.
Die globalen ökologischen Konsequenzen des Flughafenbetriebes müssen stärker in der Blick kommen.

Auch als Trägerin öffentlicher Belange hat Kirche das Recht und die Pflicht zur Mitsprache bei Planungen und Entscheidungen, die das öffentliche Leben und die Natur betreffen.

2. Wir fragen: wie viel Flughafen verträgt die Region noch?“

Bei weiterem Wachstum des Flughafens kann der Bedarf an Arbeitnehmern immer weniger aus der Region gedeckt werden.
Der enorme Zuzug und die starke Fluktuation werden anhalten und eine extreme Belastung für politische wie kirchliche Gemeinden darstellen, denn sie müssen die nötige Infrastruktur zur Verfügung stellen.
Wir fordern, dass die Genehmigung von Planungen erst dann erfolgt, wenn die daraus folgenden Folgelasten wie Infrastruktur, Schulen, Kindergärten, Straßen sozialer Wohnungsbau etc berücksichtigt worden und die Finanzen gesichert sind.
Wir wenden uns gegen alle Tendenzen, wirtschaftliche Interessen über menschliche Bedürfnisse zu stellen.

Die Integration Menschen verschiedener Herkunft, unterschiedlicher Ausbildung und anderer Weltanschauung wird eine Frage der Lebenskultur in unserer Region sein.

Wir halten es für bedenklich, in welchem Maß sich die Lebenshaltungskosten in der Region entwickelt haben und weisen voller Sorge auf die steigende Verschuldung in unserer Region hin.

Die Belastung von Mensch und Natur durch Emissionen ist schon jetzt sehr groß. Wachstum um jeden Preis bedeutet ein noch größeres Maß an Emissionen, verbunden mit noch stärkeren gesundheitlichen Belastungen und verminderter Lebensqualität der Anwohner.
Wirtschaftliches Wachstum kann nicht einziges Kriterium für die Entwicklungsplanung einer Region sein. Wirtschaftliche Entwicklung hat auch dem Wohl der Menschen und der Bewahrung der Schöpfung zu dienen.
In einer begrenzten Welt gibt es kein unbegrenztes Wachstum.
Darum stellen wir einem rein betriebswirtschaftlichem Denken ökologische und regionale Wachstumsgrenzen entgegen.

Mit großer Sorge beobachten wir die enorme Bodenversiegelung in der Region. In Anbetracht der immer knapper werden Ressource Boden und der davon abhängigen Ressource Wasser stehen wir dem weiteren Ausbau des Flughafens kritisch gegenüber.

Wir fordern einen gerechten Interessenausgleich zwischen der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Gewinnsteigerung für die Betreibergesellschaft und den Bedürfnissen von Anwohnern und Region.
Wir dringen auf die Verlässlichkeit von Vereinbarungen, wie zB. zum Nachtflugverbot, und Zusagen, wie zB. zur fehlenden Notwendigkeit einer 3. Startbahn.

3. Wir fordern und fördern den offenen Dialog

Ein Dialog zwischen den Verantwortlichen und den Umlandgemeinden hat bis dato praktisch nicht stattgefunden und beginnt erst jetzt sehr zaghaft.
Es muss mit allen Beteiligten über die Entwicklungsmöglichkeiten und die Belastungsgrenzen für die Region gesprochen werden
Wir fordern eine offenen Information über die Planungen seitens der „Flughafen München GmbH“.
Die Beteiligung an Entscheidungsfindungsprozessen erscheint uns als der geeignete Weg, demokratische Umgangsformen gegen Frustration und Ohnmachtgefühle ins Spiel zu bringen.
Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, den Dialog zwischen der „Flughafen München GmbH“ und den Umlandgemeinden und ihren Bewohnern zu fördern und eine neue Dialogkultur zu pflegen.
Wir sind bereit, uns mit unserer Bildungs- und Veranstaltungskompetenz hier einzubringen.

2003-10