29. Oktober 2015, 16:50 Uhr
Seehofer bei Startbahngegnern "Eure Argumente sind stark"
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer und Startbahn-Gegner beim Meinungsaustausch.
Horst Seehofer hat Startbahngegner in Attaching besucht und sich deren Argumente gegen den Bau einer dritten Piste am Flughafen angehört.
Bei den Betroffenen weckte der Ministerpräsident Hoffnungen, dass er sich gegen den Bau der Startbahn aussprechen wird.
Eine Entscheidung will er allerdings erst in einigen Wochen verkünden.
Seehofers Besuch in Attaching Jubel für den Ministerpräsidenten
Diese Aussage von Seehofer weckt Hoffnung bei den Attachingern: "Wenn ich die Zahl der Flugbewegungen für den Augenblick nehme, so gibt es aktuell die Notwendigkeit für eine dritte Startbahn nicht."
(Foto: Marco Einfeldt)
Weil die Kinder nicht mehr raus könnten an die frische Luft. Weil der Sportplatz nicht mehr benutzbar wäre. Weil Jets über sie hinwegdonnern würden, sodass an einen ruhigen Schlaf nicht mehr zu denken wäre. Das alles wollen sie ihm zeigen, dem Ministerpräsidenten. Hier in Attaching.
Applaus bei Seehofers Ankunft
Gut 2000 Ausbaugegner sind gekommen vor das Sportlerheim. Als Horst Seehofer (CSU) vorfährt, applaudieren sie, die Blaskapelle spielt, einige stimmen die Bayernhymne an. Der Freisinger Landrat Josef Hauner (CSU) dankt dem Regierungschef, dass er sich "so viel Zeit nimmt" für die Argumente der Gegner. Redner sprechen den Flächenverbrauch an, den der Ausbau verursachen würde. Die Schadstoffbelastung für Freising, weil die "Pufferzone" wegfallen würde.
Der Freisinger OB Tobias Eschenbacher (Freisinger Mitte) redet Seehofer ins Gewissen: Einen solchen Empfang mit Applaus und Blasmusik, "so einen Empfang würden wir Ihnen auch in Zukunft gerne bereiten". Voraussetzung aber, das schwingt bei Eschenbacher mit, ist eine Absage Seehofers an die Startbahn.
Streit um Dritte Startbahn – Mal schön auf dem Boden bleiben
Und Seehofer weiß, was die Menschen hören wollen. "Eure Argumente sind stark", ruft er den Ausbaugegnern zu. Er führe den Startbahn-Dialog "objektiv und ergebnisoffen". Und er verspricht, nicht auf die Einflüsterer aus der Wirtschaft zu hören, die seit Wochen betonen, wie wichtig der Ausbau sei für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Bayern. "Für mich zählt das Argument", ruft Seehofer den Gegnern zu, "und nicht die Stärke der Lobbyisten."
Seehofer weckt Hoffnungen bei den Startbahngegnern
Unter den Zuhörern steht Christian Magerl, Landtagsabgeordneter der Grünen und einer der größten Ausbaukritiker. Er traut seinen Ohren kaum. Seehofer wiederholt mehrmals das Hauptargument der Gegner, wonach derzeit die Zahl der Starts und Landungen nicht ausreiche, um die dritte Piste zu begründen - wenngleich die Befürworter stets betonen, das Projekt sei für den Bedarf in 20 oder 30 Jahren ausgelegt.
Dritte Startbahn Flughafen-Gutachter lag regelmäßig daneben
Am Münchner Flughafen verkehren deutlich weniger Flugzeuge als prognostiziert - das räumt jetzt auch die Gutachter-Firma Intraplan ein. Die Gegner der dritten Startbahn hoffen, damit Politik und Justiz überzeugen zu können.
"Im Augenblick kann man feststellen", ruft Seehofer, "dass sich aus der Zahl der aktuellen Flugbewegungen eine Notwendigkeit für die dritte Start- und Landebahn nicht ergibt". Applaus brandet auf. Seehofer sagt: Flughafen und Lufthansa müssten "zusätzliche Argumente liefern, und nicht nur Behauptungen". Die Zuhörer jubeln. Und Magerl raunt einem Nebenmann zu: "Er weckt Hoffnungen."
Drei bis vier Wochen, sagt Seehofer, solle man ihm noch Zeit geben. Es stünden weitere Treffen an. Unter anderem haben Mitarbeiter und Führungskräfte des Flughafens per Brief ebenfalls um ein Gespräch gebeten. Man wolle die Betroffenheit der 32 000 Beschäftigten am Airport deutlich machen, "und die Betroffenheiten der Familien", sagt ein Flughafensprecher. In Attaching verspricht Seehofer, er werde eine "Güterabwägung der Argumente" vornehmen. Und eine Entscheidung fällen. Noch in diesem Jahr.
dieser Artikel stammt aus der Süddeutschen Zeitung vom 30.10.2015
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/freising/seehofers-besuch-in-attach…